KI News #12

Hallo und herzlich willkommen zur zwölften Ausgabe von KI News. In dieser Sonderausgabe habe ich die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien auf die vorgeschlagenen Maßnahmen zu KI durchsucht.

Diese habe ich in die fünf Bereiche Internationale Zusammenarbeit, Regulierung, Finanzielle Förderung, Einsatz durch den Staat sowie Wünsche und Hoffnungen aufgeteilt.

Die Reihenfolge der Parteien entspricht der Größe der Fraktionen im Bundestag.

Viel Spaß beim Lesen!

CDU/CSU

Im Wahlprogramm von CDU und CSU wird KI mit Abstand am meisten behandelt. Sie sind auch die einzigen Parteien, die Forderungen in allen fünf Kategorien aufgestellt haben.

Regulierung

Die erste Erwähnung von KI im Wahlprogramm ist direkt die umstrittene Forderung, dass KI in Waffensystemen eingesetzt werden soll (S. 9). Ein paar Seiten weiter werden dann auch gesetzliche Regeln dafür gefordert (S. 13).

Außerdem will sich die Union dafür einsetzen, dass die EU Rahmenbedingungen schafft, damit sich „Ökosysteme für KI“ in Europa etablieren (S. 28).

Eine sehr ähnliche Forderung, nach der Schaffung von „KI-Campus“ (das ist tatsächlich die korrekte Pluralform), wird auch später nochmal gestellt. Die KI-Campus sollen aber in Deutschland sein, und es soll sichergestellt werden, „dass jedes im KI-Campus entwickelte Patent in Deutschland bleibt“ (S.86). Was auch immer das genau bringen soll, vor allem da Patente auf Software in Deutschland nicht möglich sind.

Es gibt noch zwei weitere gut klingende, aber gleichzeitig auch irgendwie inhaltslose, Punkte im Wahlprogramm von CDU und CSU:

Der erste ist, dass sie sich für ein „Wertesystem“ einsetzen wollen, „das die Chancen von KI in der Gesundheitsversorgung nutzt und zugleich Risiken minimiert“ (S. 67). Chancen nutzen und Risiken minimieren ist super, das will jeder. Aber was für ein magisches Wertesystem soll das sein, das das erreicht?

Der zweite Punkt ist, dass Schüler die Funktionsweise von KI „bewerten“ können sollen (S. 81). Was genau soll das denn bedeuten? Sollten sie nicht besser die Funktionsweise und die Folgen daraus verstehen können?

Etwas konkreter ist da schon der Vorschlag, die Abschreibungsregelungen u.a. für KI zu „verbessern“ (S. 35). Leider wird nicht erwähnt was genau „verbessern“ bedeuten soll, aber vermutlich dass sich Investitionen in KI stärker abschreiben lassen, um sie zu subventionieren.

Kreativer als Steuersubventionen ist die Idee, dass KI-Lotsen kleine und mittlere Unternehmen besuchen und bei der Nutzung von KI unterstützen sollen. (S. 86)

Und schließlich sieht die Union auch die Notwendigkeit weitere Regulierungsansätze zu entwickeln und will deshalb dafür Kapazitäten bereitstellen (S. 87).

Internationale Zusammenarbeit

Der Union ist im KI-Bereich besonders die Zusammenarbeit mit Frankreich wichtig (S. 18). Da Frankreich als einziges Land explizit genannt wird, aber es noch andere Länder mit viel KI-Forschung gibt (z.B. die USA), dürfte das wohl eher geopolitische als technologische Gründe haben.

Für die EU wollen CDU und CSU eine „Digital- und Datenunion“, also vermutlich vereinheitlichte Regeln, wobei explizit ein europäisches Datenschutzrecht genannt wird.

Zusätzlich soll es gute digitale Infrastruktur geben und europäische Speicher- und Rechenkapazitäten. Ich bin mir nicht sicher was damit gemeint ist; Rechenzentren gibt es ja auch heute schon – möglicherweise ein europäischer Cloudanbieter?

Da keine Vorschläge angegeben sind woher dieser Anbieter plötzlich kommen soll und sich so ein Unternehmen auch nicht einfach von einer Regierung herbeizaubern lässt, gehört dieser Teil dann vielleicht eher in die „Wünsche und Hoffnungen“ Kategorie (S. 28)

Finanzielle Förderung

Bei der Förderung durch die EU sollen nach dem Wunsch von CDU/CSU bestehende Stärken der Standorte berücksichtigt werden (S. 24).

Außerdem soll die Forschung von automatisierter Übersetzung gefördert werden, um Sprachbarrieren in Europa abzubauen. Das soll gleichzeitig auch ein Leitprojekt für KI sein (S. 29).

Daneben soll aber auch die Entwicklung von KI für andere wichtige Anwendungsfeldern gefördert werden. Beispielhaft werden hier „Arbeits-, Mobilitäts- oder Gesundheitsforschung“ genannt (S. 86).

Auch die bereits erwähnten Ökosysteme und KI-Campus finden sich noch mehrmals, einmal explizit als KI-Campus, für die attraktive Bedingungen geschaffen werden sollen, und einmal als „KI Kompetenzzentren“, die gefördert werden sollen (S. 86). Was genau dabei der Unterschied zwischen Ökosystemen, Campus und Kompetenzzentren sein soll wird leider nicht deutlich.

Die KI-Forschung soll außerdem durch die Einrichtung von neuen KI-Professuren und die Förderung des „wissenschaftlichen Nachwuchs“ vorangebracht werden (S. 86).

Da KI-Software auch Hardware braucht, sollen außerdem auch die Forschung, Entwicklung und Fertigung von Mikroelektronik gefördert werden (S. 86).

Einsatz durch den Staat

Die Union will KI vor allem für Sicherheitsbehörden und Militär einsetzen. Zum Beispiel in autonomen Waffensystemen (S. 9 / 13), bei der Videoüberwachung (S. 107) und um „frühzeitig Strukturen erkennen“ zu können (S. 117), was auch immer das genau bedeutet.

Außer für Waffen und Überwachung steht zur Anwendung von KI im Wahlprogramm nur „Künstliche Intelligenz wollen wir für den Alltag nutzen“ (S. 29).

Träume und Hoffnungen

Die Forderungen in dieser Kategorie zeichnet aus, dass sie sehr unkonkret sind und gleichzeitig auch nicht beschrieben wird, wie sie erreicht werden sollen.

Dazu gehören zum Beispiel der Wunsch, dass Europa in „Zukunftsfeldern wie Künstlicher Intelligenz […] weltweit einen Spitzenplatz einnimmt“ (S. 24) und dass in Deutschland Arbeitsplätze in der KI-Entwicklung entstehen sollen (S. 67).

CSU

Die CSU hat extra noch zusätzlich ein eigenes Wahlprogramm veröffentlicht. Inhaltlich hat sich das zumindest in Bezug auf KI nicht gelohnt. Es wird die „bayerische Hightech Agenda“ gelobt, aber sonst steht darin nur „Wir wollen Hightech und Digitalisierung auch im Alltag ausbauen“ (S. 13).

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SPD

Regulierung

Im Bereich Regulierung will die SPD mehr Mitbestimmungsrechte für Arbeitnehmer beim Einsatz von neuen Technologien wie KI (S. 29).

Außerdem soll regelmäßig geprüft und zertifiziert werden, dass KI nicht diskriminiert, wenn sie über „Leben und Chancen von Menschen“ entscheidet (S. 42).

Zusätzlich will die SPD eine Rüstungskontrolle auch für KI und weitere Technologien einführen (S. 63).

Finanzielle Förderung

Die SPD will „gezielt“ die gesamte europäische Digitalwirtschaft fördern, von Halbleiterfertigung bis KI (S. 14) und ignoriert dabei sehr schön das Paradoxon gezielt alle fördern zu wollen.

Außerdem sollen „Zukunftstechnologien“ wie KI „an vielen Orten im Land“ gefördert werden (S. 21).

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AfD

Dass die AfD keine Partei für die Zukunft ist, kann man nicht nur an ihren äußerst fragwürdigen Forderungen sehen, sondern auch daran erkennen, dass sie zwar das längste Wahlprogramm der betrachteten Parteien hat (210 Seiten), aber KI nur in zwei Sätzen überhaupt erwähnt wird.

KI wird darin als eine Zukunftstechnik bezeichnet, für die Kompetenzen in Deutschland gebündelt werden und nationale Kooperationen gestärkt werden sollen (S. 185).

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FDP

Regulierung

Die FDP will, dass Lehrer in ihrer Ausbildung auch den Einsatz von KI lernen. Außerdem sollen Standards zur Datenauswertung von Lernenden geschaffen werden, damit KI im Bildungsbereich genutzt werden kann (S. 18).

Gleich an zwei Stellen und unter zwei verschiedenen Namen („digitale Freiheitszonen“ / „regulatory sandboxes“) fordert die FDP die Einrichtung von Gebieten, in denen Regulierungen abgeschafft werden, um dort die Ansiedlung von Forschung und Entwicklung zu fördern (S. 25 / S. 31).

Für europaweite Rechtssicherheit will die FDP einen europäischen Rechtsrahmen für KI (S. 31).

Außerdem hat auch die FDP in ihrem Wahlprogramm eine für mich nicht ganz nachvollziehbare Forderung. Sie wollen, dass sogenannte „intelligente Stromzähler“ einfacher verbaut werden können, „als Voraussetzung […] für Automatisierung durch künstliche Intelligenz“ (S. 80). Wieso KI besondere Stromzähler brauchen sollte erschließt sich mir nicht.

Finanzielle Förderung

Eine klassische FDP-Forderung findet sich auf Seite 25, wo Steuersenkungen für IT-Forschung genannt werden.

Außerdem soll es staatliche Fördermittel für Start-ups, kleine und mittlere Unternehmen und Gründer:innen geben (S. 31).

Einsatz durch den Staat

Die FDP sieht Einsatzmöglichkeiten für KI durch den Staat in der Verwaltung (S. 30). So soll z.B. jedes Ministerium bis 2025 zehn KI Anwendungsfälle in seinem Zuständigkeitsbereich identifizieren und umsetzen (S. 31).

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Die Linke

Regulierung

Im Wahlprogramm der Linken geht es beim Thema KI vor allem um Regulierung, bleibt dabei aber auch relativ vage. So soll zum Beispiel Regulierung geschaffen werden, um die „gemeinwohlorientierte Anwendung“ sicherzustellen, Algorithmen, die „für Entscheidungen“ eingesetzt werden, sollen geprüft werden müssen und „ethische Richtlinien für die Schaffung von Algorithmen“ sollen eingeführt werden (S. 97).

Das Problem dabei: Ein Algorithmus ist einfach nur eine Reihe von Schritten zur Lösung eines Problems, wie zum Beispiel ein Kochrezept (s. Wikipedia). Da die Linke vermutlich keine ethischen Richtlinien für Kochrezepte einführen will und auch eher nicht die Entscheidung, wie viel Mehl in einen Teig gehört, unabhängig prüfen lassen will, wäre es schön gewesen, wenn sie genauer beschrieben hätten was für Algorithmen hier gemeint sind.

Die Linke fordert weiter, dass, bei der Anwendung von KI auf personenbezogenen Daten, „demokratische Gestaltungsmöglichkeiten“, Datenschutz und „freie Meinungsbildung in digitalen Medien“ gewährleistet bleiben (S. 97). Vermutlich geht es ihr dabei um die Regulierung der Algorithmen, die in sozialen Netzwerken für sogenannte Filterblasen sorgen.

Abgelehnt werden Entscheidungen mit großem Einfluss auf das Leben von Menschen (S. 97), Systeme, die Lernerfolge voraussagen (S. 98), sowie autonome Waffensysteme (S. 136).

Internationale Kooperation

Internationale Kooperation ist der Linken bei Regeln zu Datenschutz und Transparenz der Algorithmen  wichtig (S. 142).

Träume und Hoffnungen

Unter Träume und Hoffnungen fällt die Forderung, dass KI sozialer Spaltung, Monopolisierungstendenzen in der Wirtschaft und Überwachung entgegenwirken solle (S. 97).

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Bündnis 90 / Die Grünen

Finanzielle Förderung

Die Grünen wollen, dass Europa in eigene Expertise zur Verarbeitung großer Datenmengen für KI investiert (S. 30).

Außerdem haben sie Vorschläge, wie KI-Forschung und -Entwicklung gefördert werden sollen (S. 31): durch staatliche Investitionen, besonders für ökologische und soziale Zwecke.

Diese Investitionen sollen von privaten Risikokapitalgebern kommen und durch staatliche Fonds unterstützt werden.

Zusätzlich soll in die Bildung von Clustern und Spitzenforschung investiert werden und der High-Tech Standort durch die Finanzierung von Talenten ausgebaut werden.

Darüber hinaus soll es auch einen Zukunftsfonds geben, der KI für Nachhaltigkeit fördert.

Internationale Kooperation

International sind die Grünen für eine europäische Vernetzung in der Spitzenforschung und die Unterstützung eines europäischen Ökosystems für wichtige Themen wie AGI (S. 31).

(AGI steht für "Artificial General Intelligence", auf Deutsch auch "Starke KI" genannt. Darunter versteht man eine künstliche Intelligenz, die der menschlichen Intelligenz gleich kommt oder sie übertrifft. Siehe auch Uni Oldenburg oder Forbes (englisch)).

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